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Wie man aufhört, alles persönlich zu nehmen

Wir bilden oftmals voreilig Urteile und legen uns unsere Realität zurecht, obwohl wir die wirklichen Umstände nicht kennen. Genau das passiert, wenn Du Enttäuschungen vorschnell persönlich nimmst.

Wir alle machen bisweilen den Fehler, negative Umstände oder Probleme anderer persönlich zu nehmen, obwohl wir für das Geschehen keine Verantwortung tragen. Solange dies in einem erträglichen Rahmen geschieht, ist alles ok. Solltest Du allerdings zu denjenigen Personen gehören, die generell dazu tendieren, die Ursachen für Missstände in erster Linie bei Dir selbst zu suchen, ist es an der Zeit, dies zu ändern. Die Haltung, alles zu sehr persönlich zu nehmen, ist eine Hauptquelle für Angst und Unzufriedenheit. Permanente Selbstzweifel und Selbstbeschuldigung führen Dich ein eine Spirale negativer Gedanken, die meist völlig überflüssig sind.

Eines ist klar: Wir tragen in der Tat Verantwortung für unsere Gedanken, Gefühle und Handlungen und die daraus resultierenden Ergebnisse. Wenn beispielsweise Dein Partner launisch ist, obliegt es Dir, wie Du mit der Situation umgehst. Möglicherweise gehst Du ihm oder ihr aus dem Weg oder vielleicht bietest Du ein Gespräch an. Wichtig is, dass die Wahl bei Dir liegt. Du bist allerdings nicht für den Gemütszustand Deines Partners verantwortlich. Hier liegt die Verantwortung ganz klar bei Deinem Partner. Die Kontrolle über unsere Gefühle, Denkweise und Handlungen liegt immer bei uns selbst.

Die Haltung, alles persönlich zu nehmen, äußerst sich in der Regel auf zwei Arten: Entweder ist sie primär nach innen gerichtet und beruht auf einem sehr starken Selbstbezug, bei dem man die Ursache für Missstände und Enttäuschung im Leben permanent bei sich selbst sucht. Übertriebene Selbstzweifel sind hierbei oftmals die Folge. Oder die Haltung, alles persönlich zu nehmen, ist eher extern auf andere Personen gerichtet. Das bedeutet, Du fühlst dich für die Gefühlswelt anderer Menschen verantwortlich, meist den Dir nahestehenden Personen. Das geht soweit, dass Du glaubst, es sei Deine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Menschen erfolgreich und glücklich sind. Beide Formen bewirken dauerhaften Stress, der darum so schwierig zu bewältigen ist, da die Ursache für das Stressgeschehen außerhalb Deiner Kontrolle zu liegen scheint, was allerdings eine Fehlannahme ist.

Was sind Ursachen dafür, Enttäuschungen immer bei sich selbst zu suchen

Jeder erlebt Enttäuschungen und herausfordernde Situationen im Leben. Das Problem ist, wenn Du diese unvermeidlichen Ereignisse fortwährend als das Ergebnis Deines Versagens wertes. Hier ein Beispiel: Deine Beförderung im Job wird abgelehnt und Du gehst reflexartig davon aus, dass Du nicht gut genug warst und eine Beförderung nicht verdient hast. Tatsächlich kann es aber viele andere Erklärungen für die Ablehnung geben. Vielleicht ging der Job an den Neffen des Chefs. Vielleicht gibt es Einsparpläne. Anstatt diese Alternativen zu erwägen, kommst Du automatisch zu dem Schluss, dass es Dein Fehler war, warum die Beförderung abgelehnt wurde.

Hier ist ein anderes Beispiel aus dem Privatleben: Du erwartest eine Freundin zu Besuch. Am Morgen schickt sie Dir eine Message, es sei etwas dazwischen gekommen und sie muss das Treffen leider absagen. Da die Freundin keinen klaren Grund für die Absage genannt hat, ist Dein erster Gedanke, dass sie Dich nicht sehen möchte oder dass möglicherweise ein „besseres“ Angebot kam. Womöglich gerätst Du jetzt in eine negative Gedankenspirale, in der Du immer wieder die Gründe für die Absage bei Dir suchst.

Wie kannst Du lernen, Enttäuschungen nicht gleich persönlich zu nehmen?

Du musst Dir darüber bewusst werden, dass es Situationen gibt, in denen Du nicht wissen kannst, warum Menschen so handeln wie sie handeln. Dein ist Partner gereizt, Dein Freund ruft tagelang nicht an, Du erhältst die ersehnte Beförderung nicht – dahinter können die unterschiedlichsten Gründe stecken. Indem Du die Situation gleich persönlich nimmst, kreierst Du Deine Realität, die allerdings nicht unbedingt mit dem realen Geschehen übereinstimmen muss.

Hierzu eine Geschichte, die mir einmal ein Freund geschildert hat: Er fuhr mit dem ICE eine längere Strecke und hatte sich einen Sitzplatz im Ruhebereich der ersten Klasse reserviert, damit er ungestört arbeiten konnte. Als ein Vater mit seinen drei Kindern zustieg, war es plötzlich vorbei mit der Ruhe. Die Kinder waren völlig aufgedreht und liefen lärmend durch den Großraumwagen. Dem Vater schien das wenig zu stören, er setzte sich ruhig hin und ließ sie gewähren. Mein Freund und die anderen Fahrgäste schauten zunächst nur irritiert auf, doch mit der Zeit war deutlich zu spüren, dass der Unmut über das rücksichtslose Verhalten der Kinder stieg. Schließlich hat man extra einen Sitzplatz im Ruhebereich gebucht, noch dazu in der deutlich teureren ersten Klasse. Mein Freund beschloss, den Vater anzusprechen und sagte: “Wäre es möglich, dass Sie ihren Kindern sagen, sie sollen sich ruhig hinsetzten? Dies ist der Ruhebereich und bei dem Lärm, den Ihre Kinder machen, kann man sich nur schwer konzentrieren.” Daraufhin schaute der Vater verstört auf uns sagte: “Ja, ich weiß auch nicht so genau, was mit den Kindern los ist, aber wir kommen gerade aus dem Krankenhaus. Ihre Mutter ist soeben verstorben.”

Dies ist zugegebenermaßen eine Extremsituation, aber sie verdeutlicht, dass wir oftmals voreilig Urteile bilden und uns unsere Realität zurechtlegen, obwohl wir die wirklichen Umstände nicht kennen. Genau das gleiche passiert, wenn Du Enttäuschungen vorschnell persönlich nimmst.

Wichtig für Dich ist, zunächst zu erkennen, in welchen Situationen Du wieder einmal reflexartig urteilst und die Ursache für einen Missstand bei Dir suchst. Am besten ist es, wenn Du solche Situationen notierst. Vielleicht geht das nicht gleich im selben Moment, da Du emotional noch zu sehr im Geschehen involviert bist. Es reicht, wenn Du es kurz nach oder am nächsten Tag aufschreibst. Du wirst merken, dass Dir das Schreiben dabei hilft, die Situation objektiver zu sehen. Der Abstand zum Geschehen erlaubt es Dir auch, einen Realitätscheck durchzuführen: Bin ich wirklich für die Situation verantwortlich oder was für ander Gründe könnte es noch geben? Das ganze soll nicht lange dauern; fatal wäre, wenn Du erneut in eine negative Gedankenspirale gerätst. Notiere einfach stichwortartig, was Dir einfällt. Der Akt des Schreibens ist hier das entscheidenden Werkzeug, welches Dir zu mehr Abstand und Gelassenheit verhilft.

Ein weiterer wichtiger Schritt ist es, Akzeptanz zu üben. Wenn die Dinge nicht so laufen, wie sie sollen, ist es erst einmal wichtig, dies einfach zur Kenntnis zu nehmen und die Situation so zu akzeptieren wie sie ist. Das bedeutet nicht, dass Du alles kritiklos hinnehmen musst. Im Falle der verweigerten Beförderung ist es natürlich von Nutzen, wenn Du den Grund erfährst. Aber auch hier hilft es, wenn Du die Sache unvoreingenommen angehst. Solltest Du mit Deinem Chef oder Chefin über die Sache sprechen, konzentriere Dich während des Gesprächs voll und ganz auf Dein Gegenüber und versuche, nicht an Dich zu denken. Höre erst einmal ganz bewusst zu und stelle dann Fragen. Vielleicht klärt sich die Situation rasch von selbst. Solltest Du Dich am Ende allerdings unwohl fühlen oder mit den Antworten noch nicht zufrieden sein, bitte darum, zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal über die Angelegenheit sprechen zu können.

Welches Maß an Einfluss hast Du über das Leben einer anderen Person?

Die zweite Art, alles persönlich zu nehmen, bezieht sich darauf, dass Du Dich für das Glück anderer und damit auch für deren Enttäuschungen verantwortlich fühlst. Dadurch setzt Du Dich selbst stark unter Druck und bewirkst eine latente Stresssituation. Das kann sich schon im ganz kleinen Rahmen zeigen, wenn Du Dich beispielsweise dazu verpflichtet fühlst, dass sich Besucher auf Deiner Party amüsieren.

Besonders stark ausgeprägt ist dieses Verantwortungsgefühl allerdings bei den Menschen, die Dir besonders nahe stehen, in den meisten Fällen die Familie. Ein Beispiel ist das Verhältnis der Kinder zu ihren Eltern. So fühlen sich fast alle Kinder dazu verpflichtet, dass ihre Eltern im Alter glücklich sind. Sie glauben, es liegt an ihnen, ob die Eltern die Fähigkeit haben, ein zufriedenes und erfülltes Leben zu führen.

Nun steht es außer Frage, dass Du einen Beitrag zu dem Glück der jeweiligen Person leisten kannst, aber du bist nicht vollumfänglich für die Art und Weise, wie Menschen ihr Leben führen, verantwortlich. Genauso wie niemand dafür verantwortlich ist, ob Du glücklich bist – diese Verantwortung liegt allein bei Dir.

Deshalb ist es durchaus legitim, Deine Überzeugung, für das Glücklichsein und das Unglücklichsein Dir nahe stehender Menschen verantwortlich zu sein, zu hinterfragen. Um dies zu tun, denke zuerst an eine Person, bei der Du dieses Verantwortungsgefühl hast, und fülle dann folgendes Feld aus:

Ich bin verantwortlich für sein(e/n) / ihr(e/n) ___________________________ (z.B. Glück, Erfolg, sozialen Beziehungen, Gesundheit usw.)

Überlege jetzt, wie realistisch es ist für Dich, die Verantwortung für einen bestimmten Bereich in dem Leben der Person zu übernehmen. Welches Maß an Kontrolle oder Einfluss hast Du über das Leben der Person? In den meisten Fällen wirst Du schnell zu der Einsicht kommen, dass Deine Macht sehr begrenzt ist. Glück, Erfolg und die Fähigkeit der Menschen, Enttäuschungen zu bewältigen, sind abhängig von einer Vielzahl an Faktoren: ihre persönliche Lebensgeschichte, ihre Kindheitserfahrungen (z.B. die Beeinflussung durch Eltern, Freunde, Lehrer), sogar ihre genetischen Veranlagung.

Nachdem Du diese kleine Übung durchgeführt hast, sage Dir jetzt: „Ich bin weder verantwortlich für das Glück noch für die Enttäuschungen dieser Person. Ich bin bereit zu helfen, wenn ich kann, aber jeder muss seinen eigenen Weg in dieser Welt gehen. Manchmal durchleben wir gute Zeiten und manchmal weniger gute. Manchmal sind wir glücklich und manchmal nicht. So ist es bei mir und so ist es bei allen. „

Natürlich bedeutet dies nicht, dass man sich gänzlich nur auf sich und seine eigenen Probleme fokussiert. Ganz im Gegenteil: Du lernst zu geben und zu helfen, aber eben Deinen Ressourcen entsprechend. Hierzu ein Beispiel: Du machst Dir schon seit längerer Zeit Sorgen um die Gesundheit Deiner Eltern. Die Sorgen sind latent, so dass Du permanentem Stress ausgesetzt bist, und daher handeln solltest. Eine der ersten Fragen, die Du Dir stellen solltest, ist: “Habe ich Einfluss und Kontrolle auf die Gesundheit meiner Eltern?” Solltest Du diese Frage mit “ja” beantwortet können, kannst Du tatsächlich Deine Hilfe anbieten. Die Antwort könnte dann etwa so lauten: “Mir ist die Gesundheit meiner Eltern wichtig und ich kann sie beeinflussen, indem ich ihnen eine Kurreise an die Nordsee schenke.”

Wenn Du allerdings die Fragen nur mit “nein” beantworten kannst, dann gilt: Lasse los und trenne dich von dem Gedanken, zu helfen, indem Du klar formulierst: “Ich kann die Gesundheit meiner Eltern nicht beeinflussen, da sie nicht auf meinen Rat hören, und werde daher nicht mehr darüber nachgrübeln.”

Zugegebenermaßen stellt insbesondere die Überwindung dieser zweiten Form der Haltung, alles zu persönlich zu nehmen, eine große Herausforderung dar. Nicht mehr zu glauben, dass Du für das Glück und die Enttäuschungen anderer Leute – besonders für diejenigen, die Dir nahestehen – verantwortlich bist, kostet Überwindung und geht anfangs einher mit einem schlechten Gewissen. Aber Du musst Dir darüber im Klaren sein, dass ein einfaches Weitermachen weder Dir noch der anderen Person hilft. Wenn Du es schaffst, Dich von der falsch verstandenen Verantwortung zu befreien, reduzierst Du massiv Deinen Stress und oftmals verbessert sich parallel die Beziehung zu der betreffenden Person.

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