Gedanken und Gefühle Kontrollieren

Warum der Versuch, Gedanken und Gefühle zu Kontrollieren, Nichts Bringt (Sondern Total Ungesund Ist)

Was passiert, wenn Dich mitten in der Nacht ein unangenehmer Gedanke aus dem Schlaf reißt und Du versuchst, wieder einzuschlafen? Versuchst Du, Dich abzulenken indem Du zum Beispiel zum Smartphone greifst, um die letzten WhatsApp-Nachrichten zu lesen? Oder vielleicht stehst Du auch auf, um irgendetwas Langweiliges zu tun, bis Du wieder müde ins Bett gehst.

Aber was, wenn das nicht funktioniert? Was ist, wenn die unangenehmen Gedanken, Gefühle oder Empfindungen wieder auftauchen, als ob sie im Bett auf Dich warten? Dann haben Deine “Kontrollstrategien” versagt, was nicht überraschend ist. Wir alle wissen, dass der Schlaf und das Einschlafen weitestgehend unbewusste Prozesse sind, bei dem viele unserer gut durchdachten Kontrollstrategien einfach nicht funktionieren.

Das gilt nicht nur für den Schlaf, sondern für alle unsere mentalen Prozesse. Denke einmal darüber nach, wie oft Du schon versucht hast, generell positiver zu denken, und trotzdem tauchen immer wieder negative Gedanken auf.

Die Priorität unseres Verstandes ist nicht, positiv zu denken

Die in der Evolution erfolgreiche Entwicklung unseres Verstandes beruht nicht darauf, in erster Linie positiv an angenehme Dinge zu denken, sondern darauf, unser Überleben zu sichern. Und das bedeutete, ständig nach potenziellen Gefahren Ausschau zu halten.

Unser Verstand tut genau das, was er seit tausenden von Jahren tut: Er schützt uns vor Bedrohungen, und dazu gehört unweigerlich, dass wir viele unangenehme Gedanken produzieren, ob wir es wollen oder nicht.

Dennoch wachsen wir alle mit der Botschaft auf, dass wir in der Lage sein sollten, unser Denken und Fühlen zu kontrollieren, beziehungweise es ‚positiv beeinflussen zu können‘. Diese Botschaft ist so tief in uns verwurzelt, und wir hören sie immer wieder, auch von denen, die Experten im Umgang mit unserer Psyche sind. Viele Psychiater und Psychologen behaupten, dass wir uns besser und ruhiger fühlen, wenn wir unsere negativen Gedanken oder Gefühle in Frage stellen und sie durch positive Gedanken oder Gefühle ersetzen.

Wir haben viel weniger Kontrolle über unsere Gedanken und Gefühle als wir denken

Die Wahrheit ist, dass wir viel weniger Kontrolle über unsere Gedanken und Gefühle haben, als uns lieb ist. Es ist nicht so, dass wir gar keine Kontrolle haben, aber es ist viel weniger, als viele Experten behaupten.

Es ist auch nicht so, dass unsere Kontrolltechniken keine Wirkung haben; sie führen tatsächlich oft dazu, dass Du Dich vorübergehend besser fühlst. Aber auf lange Sicht werden Dir diese Strategien nicht helfen, Deine negativen Gedanken und Gefühle wie Wut, Angst, Traurigkeit, Unsicherheit oder Schuld zu beseitigen. Sie verschwinden vielleicht für eine Weile, aber dann kommen sie wieder zurück. Und dann verschwinden sie wieder, und dann kommen sie wieder zurück, und so geht es immer weiter.

Der weit verbreitete Glaube, dass wir unsere negativen Gedanken und Gefühle einfach verdrängen können, ist der eigentliche Grund für viele unserer psychischen Probleme und unsere Unzufriedenheit. Die meisten von uns fühlen sich unvollkommen und wir sind unzufrieden, wenn es uns nicht gelingt, unsere Gedanken und Gefühle zu kontrollieren.

Da es allerdings ein Mythos is, dass wir unsere Gedanken und Gefühle einfach kontrollieren können, führt dieser Glaube uns zu einem inneren Kampf, den wir niemals gewinnen können: dem Kampf gegen unsere eigene menschliche Natur.

Warum haben wir nur wenig Kontrolle über unsere Gedanken und Gefühle?

Unser Verstand ist wirklich erstaunlich. Er befähigt uns, Pläne zu schmieden, neue Dinge zu erfinden, Aktionen zu koordinieren, Probleme zu analysieren, Wissen zu teilen und uns unsere Zukunft vorzustellen. Mit unserem Verstand können wir die Welt um uns herum gestalten und sie unseren Wünschen anpassen. Wir können uns mit immer besseren Unterkünften, gesünderen Nahrungsmitteln, sauberem Wasser, sanitären Einrichtungen und fortschrittlicher Medizin versorgen.

Es überrascht nicht, dass diese erstaunliche Fähigkeit, unsere Umwelt zu kontrollieren, hohe Erwartungen an die Kontrolle auch in anderen Bereichen weckt. Wenn uns etwas nicht gefällt, finden wir erfolgreich heraus, wie wir es vermeiden, ändern oder loswerden können. Zu viel Lärm in dem Ort, an dem Du lebst? Vermeide den Lärm, indem Du Ohrstöpsel verwendest oder an einen anderen Ort ziehst. Du kannst nicht schlafen, weil Deine Matratze unbequem ist? Wirf sie weg und kaufe Dir eine neue. Du magst Deine derzeitige Frisur nicht? Geh zum Friseur und ändere sie.

In der materiellen Welt funktionieren unsere Kontrollstrategien also im Allgemeinen gut. Aber funktionieren sie auch in unserer inneren Welt, der Welt der Gedanken, Gefühle, Erinnerungen und Empfindungen? Können wir diejenigen, die wir nicht mögen, vermeiden oder ausschalten?

Versuche, nicht an Deine Lieblingsschokolade zu denken

Hier ein kleines Experiment: Wenn ich Dich bitte, nicht an eine Banane zu denken, was fällt Dir dann als erstes ein? Richtig, eine Banane! Oder versuche, nicht an Deine Lieblingsschokolade zu denken. Gelingt Dir das?

Hier ist ein weiteres Experiment: Erinnere Dich an Deinen letzten Urlaub. Rufe all die schönen Erinnerungen auf, die Du in Deinem Kopf hast. Bist Du soweit? Und jetzt lösche die Erinnerung, so dass Du sie nie wieder hervorrufen kannst. Hast Du es geschafft? Natürlich nicht, denn die Erinnerung ist noch da, weil Du nicht einfach auf Knopfdruck Deine Erinnerungen auslöschen kannst.

Dies sind nur einige einfache Beispiele, aber sie zeigen Dir hoffentlich, dass Gedanken, Gefühle, Empfindungen und Erinnerungen nicht so leicht zu kontrollieren sind.

„Du brauchst keine Angst zu haben“

Wie oft hast Du diesen Satz von Deinen Eltern gehört, als Du klein warst? Er ist gut gemeint, aber er ist auch ein Beweis dafür, dass uns von klein auf beigebracht wurde, unsere Gefühle zu kontrollieren. „Es gibt keinen Grund zu weinen“ oder “Das ist doch nicht so schlimm” sind alles Botschaften, die darauf hinweisen, dass wir in der Lage sein sollten, unsere Gefühle nach Belieben ein- oder auszuschalten, so wie man einen Schalter einfach ein- und ausschalten kann.

Und wenn man sich umsieht, scheint es, als hätten die meisten Menschen ihre Gedanken und Gefühle tatsächlich unter Kontrolle. Aber das ist nur oberflächlich. Die meisten von uns geben den inneren Kampf, den wir mit unseren Gedanken und Gefühlen führen, einfach nicht offen und ehrlich zu. Wir setzen unser Pokergesicht auf und benutzen unsere verschiedenen Kontrollstrategien, um vorzugeben, dass wir glücklich und zufrieden sind.

Aber wenn wir ehrlich zueinander wären, würden viele von uns Dinge sagen wie: „Wenn meine Freunde und meine Familie mich jetzt hören könnten, würden sie es nie glauben. Alle denken, ich bin so stark und glücklich.“

Welche Kontrollstrategien benutzen wir?

Die gebräuchlichsten Kontrollstrategien lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen: Kampfstrategien, bei denen mit unerwünschten Gedanken und Gefühlen gerungen und diese unterdrückt werden, und Fluchtstrategien, bei denen diese unangenehmen Gedanken und Gefühle vermieden oder versteckt werden, beispielsweise durch Ablenkung.

Alle Kontrollstrategien haben eines gemeinsam: Sie verschaffen kurzfristig eine gewisse Erleichterung, weshalb sie auch so verführerisch sind. Hast Du beispielsweise schon einmal einen Kurs abgebrochen oder eine gesellschaftliche Verpflichtung abgesagt, weil Dir “das alles zu viel wurde”? Genau das ist es – Die Entscheidung, lieber zu Hause auf dem Sofa zu verbringen, ist eine Kontrollstrategie, die Dir kurzfristig eine gewisse Erleichterung verschafft hat. Langfristig kann dies allerdings zu verpassten Chancen führen oder dazu, dass Du die Dir wichtigen Ziele nicht erreichst und  – und das is das eigentliche Versäumnis – dass Du nicht das Leben führst, welches Du Dir wünscht.

Es kann auch sein, dass sich Deine Kontrollstrategien hauptsächlich in Deinem Kopf abspielen. Beispiele sind übermäßige Besorgnis, das Sinnieren über die Vergangenheit, das Fantasieren über die Zukunft oder das Ausmalen von Fluchtszenarien wie z.B. einfach die ungeliebte Arbeit aufzugeben oder den Partner zu verlassen.

Wann können Kontrollstrategien problematisch werden?

Wenn Du Kontrollstrategien nur mäßig anwendest in Situationen, in denen sie funktionieren, und wenn sie Dich nicht daran hindern, die Dinge zu tun, die Du schätzt, stellen sie kein Problem dar. Wenn sie jedoch zu häufig in Situationen eingesetzt werden, in denen sie nicht funktionieren, können sie problematisch und manchmal sogar schädlich werden.

Ein Beispiel ist die Trauer. Wenn ein Menschen, der Dir sehr viel bedeutet, stirbt, wirst Du trauern. Der Trauerprozess hat verschiedene Phasen, in denen Du mit vielen schwierigen Gedanken und Gefühle konfrontiert wirst. Das ist ganz natürlich.

Wenn Du Dich allerdings diesen Erfahrungen nicht stellst und Dich stattdessen übermässig ablenkst oder diesen Erfahrungen ausweichst, indem Du Dir schlechte Gewohnheiten aneignest, wie z.B. zu viel Alkohol zu trinken oder Dich stark auf Beruhigungsmittel zu verlassen, kannst Du massive Probleme bekommen.

Denn ganz gleich, wie sehr Du versuchst, Deine Gefühle wegzuschieben, tief im Inneren sind sie immer noch da. Wenn sie unterdrückt werden, werden sie Dich immer wieder ermutigen, Deine destruktiven Gewohnheiten zu wiederholen. Und eines Tages werden sie vielleicht so intensiv hervortreten, dass Dein Leiden noch stärker wird und Du eine schwere Krankheit wie eine Langzeitdepression entwickelst.

Wie viel Kontrolle haben wir über unsere Gedanken und Gefühle?

Wie ich bereits sagte, ist es nicht so, dass wir gar keine Kontrolle über unsere Gedanken und Gefühle haben. Wie stark unsere Kontrollfähigkeit ist, hängt hauptsächlich davon ab, wie intensiv die Gefühle sind und in welcher Situation wir uns befinden. Im Allgemeinen gilt: Je weniger intensiv die Gefühle und je stressfreier die Situation ist, desto mehr Kontrolle haben wir.

Wenn wir es zum Beispiel mit typischem Alltagsstress zu tun haben und uns in einer sicheren, komfortablen Umgebung wie unserem Haus oder einer Yogastunde befinden, kann uns eine einfache Entspannungsübung tatsächlich sofort beruhigen.

Aber je intensiver unsere Gedanken und Gefühle sind und je stressiger das Umfeld ist, in dem wir uns befinden, desto weniger effektiv werden unsere Kontrollversuche sein.

Stell Dir zum Beispiel vor, Du versuchst, Dich völlig entspannt zu fühlen, während Du in einem Vorstellungsgespräch sitzt oder eine Auseinandersetzung mit Deinem Partner hast. In solchen Situationen kannst Du zwar so tun, als seist Du ruhig, aber innerlich wirst Du alles andere als entspannt sein, egal wie sehr Du Deine Entspannungstechniken praktizierst.

Wir haben mehr Kontrolle, wenn die Dinge nicht so wichtig sind

Wir haben auch mehr Kontrolle über unsere Gedanken und Gefühle, wenn die Dinge, die wir vermeiden, nicht so wichtig für uns sind. Wenn Du es zum Beispiel vermeidest, Deinen Schrank aufzuräumen, ist es wahrscheinlich ganz einfach, Dich vor der Aufgabe durch Ablenkung zu drücken, weil die Aktion “Schrank aufräumen” mit Sicherheit kein wirklich wichtiger Faktor in Deinem Leben darstellt.

Aber stelle Dir vor, Du entdeckst plötzlich einen Knoten oder eine Verdickung unter Deiner Haut, und Du vermeidest es, dies vom Arzt untersuchen zu lassen. Wäre es leicht, sich davon abzulenken? Sicher kannst Du Dir erst einmal einen Film ansehen oder Dich mit Freunden treffen, um eine Weile nicht mehr daran zu denken. Aber früher oder später wirst Du Dir unweigerlich Sorgen über diesen Knoten machen, denn die Folgen könnten schwerwiegend sein, wenn Du nicht schnell handelst.

Weil also viele der Dinge, die wir vermeiden, nicht so wichtig sind, und weil viele unserer negativen Gedanken und Gefühle nicht so intensiv sind, sind wir der Meinung, dass unsere Kontrollstrategien oft funktionieren und uns besser fühlen lassen, zumindest für eine Weile. Leider führt uns dies zu der Annahme, dass wir viel mehr Kontrolle über unser Gedanken- und Gefühlswelt haben, als es tatsächlich der Fall ist.

Was sind die Kosten für unsere Versuche, unsere Gedanken und Gefühle zu kontrollieren?

Unsere Versuche, unsere Gedanken und Gefühle zu kontrollieren, haben drei hohe Kosten:

  1. Sie nehmen viel Zeit und Energie in Anspruch und sind auf lange Sicht in der Regel wirkungslos.
  2. Wir fühlen uns entmutigt, unsicher, unzufrieden, schwach und ohne Willenskraft, weil die Gedanken/Gefühle, die wir loswerden wollen, immer wieder auftauchen.
  3. Viele Strategien, die kurzfristig unangenehme Gefühle reduzieren, mindern auf lange Sicht unsere Lebensqualität.

Diese unerwünschten Ergebnisse führen zu mehr unangenehmen Gefühlen und damit zu noch zahlreicheren Versuchen, diese zu kontrollieren. Es ist ein Teufelskreis vom ständigen Bemühen, unerwünschte Gedanken, Gefühle und Erinnerungen zu vermeiden, ihnen zu entkommen oder sie zu beseitigen, was ihre Auswirkungen noch schädlicher und kostspieliger macht.

Dies ist der Grund, warum das Vermeiden von ‘negativen’ Gefühlen und Gedanken eine Hauptursache ist für Depressionen, Angstzustände, Drogen- und Alkoholabhängigkeit, Essstörungen und verschiedene andere psychologische Probleme.

Kurz gesagt: Je mehr wir versuchen, unsere unangenehmen Gefühle zu vermeiden oder loszuwerden, desto mehr negative Gefühle erzeugen wir.

Übung: Wie man die Vermeidungskosten ermittelt

Es gibt einen einfachen 3-Stufen-Prozess, wie Du die Kosten für Deine wenig hilfreichen Kontrollstrategien ermitteln kannst:

Schritt 1: Frage Dich zunächst, welche Gedanken und Gefühle Du am liebsten loswerden möchtest. Sei dabei konkret und schreibe diese Gedanken und Gefühle auf.

Schritt 2: Nimm Dir anschliessend einige Minuten Zeit, um all die Dinge aufzuschreiben, die Du versucht hast, diese unangenehmen Gedanken oder Gefühle zu vermeiden oder loszuwerden. Versuche, Dich an jede Strategie zu erinnern, die Du jemals angewandt hast, wie zum Beispiel

  • Menschen, Orte oder Situationen meiden, bei denen die unangenehmen Gefühle auftreten
  • Ablenkung, indem Du Dich auf etwas anderes konzentrierst (z.B. Fernsehen oder Netflix, Rauchen, Essen oder Shopping)
  • Betäubung Deiner Gefühle durch Medikamente, Alkohol, exzessives Schlafen
  • Argumentieren mit Deinen Gedanken („Komm schon, so schlimm ist es nicht“)
  • Selbstschikane („Ich bin so ein Idiot!“) oder die Schuld auf andere Menschen oder Bedingungen schieben
  • Visualisierung, positive Affirmationen oder das Lesen von Selbsthilfebüchern
  • Mit einem Freund sprechen oder einen Coaches oder Therapeuten aufsuchen
  • Aufschieben wichtiger Entscheidungen oder wesentlicher Änderungen
  • Dich in Arbeit, Hobbys, oder ausgiebiges Feiern stürzen
  • Journaling

Denke daran, dass es bei diesem Schritt noch nicht um eine Wertung geht, also darum, ob es sich um brauchbare oder nicht brauchbare Strategien handelt. Wichtig ist vielmehr, dass Du urteilsfrei alle Strategien aufschreibst, die Dir einfallen.

Schritt 3: Gehe nun diese Liste durch und stelle Dir bei jeder Strategie die folgenden Fragen:

  • Verschwinden dadurch meine schmerzhaften Gedanken und Gefühle auf lange Sicht?
  • Was hat mich das in Bezug auf Zeit, Energie, Geld, Gesundheit, und meine Beziehungen gekostet?
  • Hat es mich dem Leben, das ich mir wünsche, näher gebracht?

Überstürze diese Übung nicht, nimm Dir Zeit, um in Ruhe ernsthaft über Deine Antworten nachzudenken.

Fokus auf Kontrollstrategien, die langfristig die Lebensqualität verringern

Wenn Du diese Übung gründlich durchführst, wirst Du wahrscheinlich drei Dinge feststellen:

  1. Du hast bis jetzt möglicherweise viel Zeit, Mühe und Energie investiert, um schmerzhafte Gedanken und Gefühle zu vermeiden.
  2. Viele der Strategien, die Du ausprobiert hast, haben dazu geführt, dass Du Dich kurzfristig besser gefühlt hast, aber auf lange Sicht bist Du Deine schmerzhaften Gedanken und Gefühle nicht losgeworden.
  3. Viele dieser Strategien haben erhebliche Kosten in Form von verschwendeter Zeit, Energie, und Geld verursacht und hatten möglicherweise negativen Auswirkungen auf Deine Gesundheit, Vitalität und Beziehungen.

Um es auf den Punkt zu bringen: Kurzfristig gaben Dir diese Strategien zwar ein gutes Gefühl, aber langfristig schmälerten sie Deine Lebensqualität.

Verstehe mich nicht falsch, wenn Deine Kontrollstrategien keine hohen Kosten verursacht oder sie Dich Deinem gewünschten Leben näher gebracht haben, dann sind sie natürlich unproblematisch und hilfreich. Hier geht es darum, solche Kontrollstrategien zu identifizieren und zu beenden, die Deine Lebensqualität auf lange Sicht einschränken.

Richte den Fokus auf Dein Handeln

Wichtig ist, daran zu denken, dass diese Übung keine einmalige Aktivität ist. Wir müssen unser Bewusstsein ständig schärfen, damit uns all die kleinen Dinge auffallen, die wir täglich tun, um unangenehme Gedanken und Gefühle zu vermeiden oder loszuwerden, und um die Konsequenzen dieser Vermeidungsstrategien zu erkennen.

Deshalb ist es hilfreich, Dir jeden Tag ein paar Minuten Zeit zu nehmen, um über Dein Tun und Handeln nachzudenken – und es am besten aufzuschreiben (beziehungsweise ich nenne es eher “rauszuschreiben”). Journaling ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, Dein Bewusstsein zu schärfen und Deine Denk- und Verhaltensmuster zu erkennen. Damit bietest Du Deinen Gedanken und Gefühlen die Möglichkeit, sich Platz zu verschaffen, anstatt gegen sie anzukämpfen.

Du wirst sehen, sobald Du Dich Deinen Ängsten und Sorgen, der Trauer, der Schuld, dem Ärger oder der Wut stellst und den damit verbundenen Gedanken einen Namen gibst, entziehst Du ihnen ihre Macht. Du beendest das Tauziehen, indem Du das Seil einfach fallen lässt. Als Folge hören sie auf, ihr Unwesen in Deinem Kopf zu treiben, sondern ziehen ganz natürlich weiter.

Heisst das, man muss alles einfach akzeptieren?

Nun magst Du Dich vielleicht fragen, ob all dies bedeutet, dass Du unangenehme Gefühle einfach akzeptieren und ein Leben voller Schmerz und Leid haben musst. Ein eindeutiges Nein! Wir haben vielleicht nicht so viel Kontrolle über unsere Gedanken und Gefühle, aber wir haben ein enormes Maß an Kontrolle über unsere Handlungen, und damit darüber, unser Leben so zu leben, wie wir es schätzen.

Aber um Dir diese Kontrolle zur Nutze machen zu können, ist es wichtig, einen gewissen Abstand zu Deinen Gefühlen und Gedanken zu erlangen. Und dafür ist es notwendig, Dich zu Deinen Gefühlen hinzuwenden, ihnen Raum zu geben und sie zu akzeptieren. Das bedeutet, dass Du Dich ihnen stellst, Frieden mit ihnen schließt und einen ehrlichen und offenen Weg findest, mit ihnen zu leben. Genau dieser Schritt verschafft Dir den notwendigen Abstand, von dem aus Du Dein Tun und Handeln neu bestimmen kannst